Gebraucht kaufen oder neu bauen?

07.06.2024

Gebraucht kaufen oder neu bauen?

Steigende Immobilienpreise, hohe Bauzinsen und ein Mangel an Handwerkern erschweren Ersterwerbern den Traum vom eigenen Zuhause. Trotzdem plant jeder vierte Mieter den Erwerb von Wohneigentum – am liebsten ein Haus. An diesem Punkt angelangt, stehen Immobilieninteressenten vor der Wahl: Gebraucht kaufen oder neu bauen? Zwei Optionen, die eine sorgfältige Abwägung verschiedener Faktoren erfordern. Oliver Adler, Immobilienexperte von Schwäbisch Hall, kennt das Für und Wider beider Wege ins Eigenheim und gibt angehenden Käufern und Bauherren eine Entscheidungshilfe an die Hand.

Wer selbst bauen will, hat meist einen großen Wunsch: ein Zuhause, das ganz den eigenen Vorstellungen entspricht. Foto: Bausparkasse Schwäbisch Hall
Wer selbst bauen will, hat meist einen großen Wunsch: ein Zuhause, das ganz den eigenen Vorstellungen entspricht. Foto: Bausparkasse Schwäbisch Hall
Ein Haus von Grund auf neu zu bauen, ist ein großes Vorhaben, das viel Motivation und Organisationstalent erfordert. So gehören u. a. die Bauplatzsuche, die Auswahl des Bauträgers, des Architekten und der Handwerker auch zu den Aufgaben des Bauherrn. Der Hauskauf gestaltet sich auf den ersten Blick deutlich unkomplizierter. Aber auch Bestandsimmobilien erfordern Aufmerksamkeit. Stichwort: Sanierung(spflicht).

Neubau – ja oder nein? Einblicke für angehende Bauherren

Wer selbst bauen will, hat meist einen Wunsch: ein Zuhause, das ganz den eigenen Vorstellungen entspricht. Die Entscheidungsfreiheit variiert nach Haustyp und Bauweise. „Bei einem Architektenhaus hat man in der Regel mehr Gestaltungsfreiheit als bei einem Fertighaus“, so der Experte. Planung ist dabei alles. Deshalb sollten Bauherren bereits im Vorfeld an die Zukunft denken: Sind Kinder geplant? Was, wenn die Kinder ausziehen? Ist das Haus altersgerecht? Flexibilität ist hier das Stichwort. Auch eine nachhaltige Bauweise lässt sich von Anfang an sicherstellen, z. B. durch die Verwendung umweltfreundlicher Baumaterialien. Modernität verspricht der Neubau durch innovative Technik. Neue Heizungs- und Dämmtechniken oder Photovoltaikanlagen sorgen für beste Energieeffizienz. Ein Pluspunkt dabei: Klimafreundliche Haustechnik wird genauso wie der klimafreundliche Neubau staatlich gefördert. Auch finanziell hat ein Neubau Vorteile: „Wer viel Eigenleistung einbringen kann, spart Kosten. Auch, weil Eigenleistungen bei der Baufinanzierung teilweise zum Eigenkapital zählen“, ergänzt Oliver Adler.

Dem stehen jedoch hohe Grundstücks- und Baukosten gegenüber. Im Februar 2024 kostete ein neu gebautes Haus (ca. 130 m² Wohnfläche, ca. 450 m² Grundstück) im Schnitt 567.606 Euro. „Der endgültige Preis ist oft schwer kalkulierbar, da bei fast 50 Prozent der Bauprojekte Probleme unterschiedlicher Preisklassen auftreten“, erläutert der Experte. Der Bau nimmt zudem viel Zeit in Anspruch. „Das Wetter, Baumängel oder Probleme mit Dienstleistern können zu unvorhersehbaren Verzögerungen führen“, so Adler. Außerdem schränkt der Faktor Bauplatz ein: Freie Grundstücke gibt es oft nur am Stadtrand oder in Vororten – ganz frei wählbar ist der Wohnort also nicht.
 
Gebraucht kaufen oder neu bauen? Eine Entscheidung, bei der Vor- und Nachteile abzuwägen sind. Grafik: Bausparkasse Schwäbisch Hall
Gebraucht kaufen oder neu bauen? Eine Entscheidung, bei der Vor- und Nachteile abzuwägen sind. Grafik: Bausparkasse Schwäbisch Hall

Bestandsimmobilie kaufen und sanieren – lohnt sich das mehr?

Eine Bestandsimmobilie hat einen großen Vorteil: Das Haus steht bereits und kann im Idealfall sofort bezogen werden. Das ist auch vor dem Kauf vorteilhaft: Bei einer Besichtigung kann der Sanierungsbedarf, zum Beispiel bei der Heizung oder bei Schäden durch Schimmel oder Feuchtigkeit, frühzeitig erkannt und bei der Kostenkalkulation berücksichtigt werden. Auch für die energetische Sanierung gibt es staatliche Förderungen. Hinzu kommt, dass sich bestehende Immobilien meist in guter Lage befinden. Im Vergleich zu Neubauten sind Bestandshäuser günstiger. Ihr durchschnittlicher Kaufpreis (1983, ca. 120 m² Wohnfläche, ca. 425 m² Grundstück) lag im Februar 2024 bei 354.863 Euro. Sanierungsmaßnahmen sind hier noch nicht berücksichtigt.

Ein Nachteil ist jedoch, dass die vorhandene Bausubstanz nicht beliebig veränderbar ist. Es könnten beispielsweise Umbaumaßnahmen für Barrierefreiheit notwendig werden, die später auf der Kostenseite zu Buche schlagen. „Ein Restrisiko bleibt. Es können immer versteckte Probleme auftauchen. Ist z. B. die Energiebilanz schlechter als erwartet, ist nicht nur der Sanierungsbedarf höher, auch die Nebenkosten können schnell sehr hoch werden“, resümiert Oliver Adler.

Entscheidungshilfe gefragt!

Die Frage „Gebraucht kaufen oder neu bauen?“ lässt sich nicht pauschal beantworten. Welche Option die richtige ist, hängt von den persönlichen Lebensumständen, dem finanziellen Spielraum und den Ansprüchen an z. B. Lage, Modernität und Selbstverwirklichung ab. „Es kommt aber auch auf den regionalen Immobilienmarkt an: Wie ist das Angebot an Bestandsimmobilien? Gibt es freie Grundstücke? Und wie hoch sind die Kosten? Diese Faktoren schränken die Entscheidungsfreiheit meist bereits ein“, so der Experte. „Letztlich hilft nur, ehrlich zu sich selbst zu sein: Was will ich wirklich und wie kann ich es am besten umsetzen? Was kann ich mir leisten? Und wie viel Zeit und Eigenleistung kann ich in das Projekt stecken?“
Resümee / Andrea Schaffeld (Fachredakteurin)

Immobilienpreise und Bauzinsen erschweren den Weg zum Eigenheim. Käufer stehen vor der Wahl: Gebraucht kaufen oder neu bauen? Beide Optionen haben Vor- und Nachteile. Neubauten bieten Gestaltungsfreiheit und Energieeffizienz, sind aber teurer und zeitaufwändig. Bestandsimmobilien sind meist günstiger und sofort beziehbar, erfordern aber oft Sanierungen. Die Entscheidung hängt von persönlichen Umständen, Budget und regionalem Markt ab. Immobilienexperte Oliver Adler empfiehlt eine ehrliche Bewertung der eigenen Bedürfnisse und Möglichkeiten.

Autor / Quelle: Bausparkasse Schwäbisch Hall AG